Die erste Reisekrankheit erwischt mich. Ein unerwarteter Kulturschock macht sich bei mir breit, Moppi ist weitaus weniger betroffen. Dazu beigetragen haben die 30 Stunden Zugfahrt von Aralsk nach Almaty (Alma Ata im kasachischen Sprachgebrauch), die im Gegensatz zur Fahrt Moskau-Aralsk äußerst unangenehm war. Unsere Betten waren teilweise belegt, einmal lag sogar eine volle Windel darin. Auch das Abstandsverständnis zwischen Fremden ist hier komplett anders. Es wird gedrängelt, was das Zeug hält, sei es am Schalter oder beim Einsteigen in den Zug. Einmal hatte sich jemand Fremdes im Zug in mein Bett oben gelegt, sodass ich im unteren Bett liegen musste. Eine alte Frau schob dort ständig ohne Vorwarnung meine Beine beiseite, weil sie da sitzen wollte. Zum Glück bietet uns Almaty eine längere Verschnaufpause vom Reisen und unsere netten Bekanntschaften dort versöhnen mich wieder mit Kasachstan.
Wusstet ihr, dass Äpfel (Tulpen übrigens auch) ursprünglich aus Kasachstan stammen? Daher hat die ehemalige kasachische Hauptstadt ihren Namen: Alma = Apfel, Ata = Großvater. Wir wohnen hier in einem luxuriösen Apartment im schicken Finanzdistrikt. Vom Wohnzimmer aus kann man die Berge sehen. Unser Gastgeber Alisher spricht gut Englisch und man kann ihm nach Herzenslust Löcher über Kasachstan in den Bauch fragen. Moppi und Alisher sitzen abends stundenlang zusammen und reden über Gott und die Welt.
Mit unserer Mitbewohnerin Madina aus Tadschikistan diskutieren wir lange die Unterschiede zwischen der europäischen und zentralasiatischen Kultur. Wir erfahren, dass man hier alles teilt, Essen, Trinken und eben auch Platz. Und dass öffentliches Naseputzen hier als sehr unhöflich gilt. Letzteres hatten wir schon selbst festgestellt. Statt ins Taschentuch zu schnäuzen, rotzt man (pardon) einfach alles lautstark auf die Straße.
Zwischen den 1,5 Mio Einwohnern von Almaty gehen wir unbemerkt unter und werden auf der Straße weder angeschaut noch angesprochen, eine angenehme Abwechslung zu Aralsk. Die Innenstadt mit den teuren Geschäften und schicken Bars steht europäischen Großstädten in nichts nach.
Nach all der Steppenlandschaft der letzten Tage haben wir Lust auf Grün und machen uns auf den Weg in die Berge. Unser GPS lässt uns leider im Stich und erst nach mehreren frustrierenden Stunden finden wir einen gescheiten Wanderweg. Doch wir haben Glück, bei einer Rast treffen wir auf Vasili aus Almaty. Er bietet uns an, uns zu den Wasserfällen zu führen, was wir sehr gern annehmen. Vasili kennt die Berge wie seine Westentasche. Er ist fast jede Woche hier unterwegs und hat früher regelmäßig Touren über die Berge nach Kirgisistan geführt.
Für uns muss er sein gewohntes Wandertempo zügeln und mehr Pausen einlegen (er hat aber auch einen Schritt drauf!). Man merkt ihm an, wie stolz es ihn macht, uns seine Bergwelt zu zeigen. Auf steilen und immer schmaler werdenden Pfaden führt er uns zu zwei der schönsten Wasserfälle der Gegend, die wir ohne ihn nie gefunden hätten. Während wir langsam umkehren müssen, macht sich Vasili auf zu seinem Nachtlager am Bergsee. Zum Dank überlassen wir ihm unseren restlichen Proviant, er winkt noch einmal mit dem Hut auf seinem Wanderstock und verschwindet im Dickicht.
Nachdem die Blasen an unseren Füßen abgeheilt sind, nehmen wir zwei Tage später die zweite große Wanderung in Angriff. Es geht zum Big Almaty Lake, einem Stausee, der einen Großteil des Trinkwassers der Stadt stellt. Der steile Weg führt uns entlang einer Wasserpipeline über kleine Flüsse, Geröll und abenteuerliche Stahlkonstruktionen.
Ohne es zu merken, landen wir, fast am Ziel, auf einem kasachischen Militärgelände. Wir werden sofort per Megafon aufgefordert, stehen zu bleiben. Die Soldaten kontrollieren unsere Ausweise, befragen uns, ob wir Alkohol, Zigaretten oder Drogen dabei haben und lassen uns kurz darauf mit freundlichem Gruß weiter zum See. Die geniale Aussicht ist uns die nächste Runde Blasen wert. Dafür können sich unsere Beine während der 20-stündigen Zugfahrt nach Astana erholen.
Of Apples and Mountains
I got hit by the first travel disease. An unexpected cultural shock pulls me down, Moppi is not that much affected. The main reason were the 30 hours of train ride from Aralsk to Almaty (formerly called Alma Ata) which were not as appealing as the Moscow-Aralsk ride. Our beds were occupied, once we even found a dirty diaper in it. Also the perception of personal space is totally different. People push no matter what, be it at the ticket counter or when boarding the train. Once someone else occupied my upper bed in the train, so I had to lie down on the lower one. An old woman came and just pushed without asking my legs aside because she wanted to sit on my bed. Luckily Almaty gives us a longer break from travelling and our nice acquaintances change our impression of Kazakhstan to the better.
Did you know that apples come originally from Kazakhstan? Tulips too, by the way. This is where the former Kazakh capital got its name from: alma = apple, ata = grandfather. We live in a luxurious apartment in the posh financial district. You can see the mountains from the kitchen window. Our host Alisher speaks English well and one can ask him everything about Kazakhstan. Moppi and Alisher spend evenings together talking about God and the world.
With our flat mate Madina from Tajikistan we discuss cultural differences between Europe and central Asia. We learn that people here share everything: food, drinks, and space of course. And that blowing your nose in public is very impolite. The latter we noticed ourselves. Instead of using a tissue, people just snot it out noisily on the street.
We don’t attract much attention in between the 1.5 million inhabitants of Almaty and nobody is staring or talking to us in the streets, a pleasant change after Aralsk. The city centre with its expensive shops and chic bars seems alike European big cities.
After all the steppe we are looking forward to seeing green nature and get ready for a trip to the mountains. Our GPS is not a big help and only after a few frustrating hours we find a proper hiking trail. But we are lucky. During a break we meet Vasili from Almaty. He offers to take us to the waterfalls and we happily accept. Vasili knows the mountains like no one else, he is hiking here every week and previously he was guiding groups over the mountains to Kirgisistan.
He has to slow down a lot for us and also take more breaks (man, he is hiking really fast!). It is obvious how proud he is to show us his beautiful mountain world. Taking ever more steep and narrow paths he guides us to two of the most stunning waterfalls in this area. We would never have found them without him. While we have to go back Vasili is setting up his shed at a mountain lake. As our gesture of appreciation we leave him our remaining food, he waves us goodbye using his hat on the hiking stick and gone he is in between the thicket.
After curing the blisters on our feet we get ready for the next hike two days later. The new destination is the Big Almaty Lake, a reservoir that provides the majority of the city’s drinking water. The steep trails leads us along the water pipeline over small creeks, rocks and adventurous steel constructions.
Without even noticing we enter Kazakh military area. We are requested to stop per megaphone. The soldiers control our passports, ask us if we have alcohol, cigarettes, or any other drugs with us and finally we are let pass with best regards to the lake. The stunning view is compensating us for the next couple of blisters. Our legs have 20 hours of rest on the train to Astana anyway.


















Sehr interessant…und sicher nicht immer einfach…ihr werdet richtig abgehärtet sein, wenn ihr zurückkommt. Remember: what doesn’t kill you, makes you stronger! 🙂
Wahnsinn, was Ihr da alles erlebt und mitmacht. Aber für den Moppi ist das alles doch Kindergarten im Vergleich zum Job 😉 Weiterhin gute Reise und viel Spaß! Wir freuen uns schon auf die Eindrücke vom nächsten Zwischenstop!