In die Wüste

Nach einem Tag in der Zivilisation zieht es uns bereits auf den nächsten Trip. Unsere Gastgeberin Sissi, mit der wir auch großes Glück haben, hat uns einen Fahrer in Gobi vermittelt und Schlafsäcke besorgt. Es war schön mit der organisierten Reisegruppe zuvor, aber jetzt wollen wir uns allein ins Hinterland wagen. Wir nehmen den Morgenbus nach Dalandsadgad, in dem wir wieder Exotenstatus haben. Der Bus ist voll und viele Leute transportieren allerlei Sperrgut. Kurz nach dem wir eingestiegen sind, werden zwei Autoreifen an uns vorbei durch den Gang gerollt, ein neuer Flachbildfernseher und andere große Kartons folgen. Zehn Stunden fahren wir Richtung Süden, dabei laufen nonstop mongolische Schlager. Wenn der Fahrer nicht raucht oder telefoniert, singt er lautstark mit. Ab und zu wird zur Pinkelpause angehalten. Die Männer stellen sich hinter den Bus und die Frauen hocken sich aufs Feld auf der anderen Straßenseite. Es steigen sogar noch Leute zu, die dann im Gang auf ihrem Gepäck sitzen. Was machen wir hier eigentlich? Wir haben weder Namen noch Handynummer des Fahrers, wir wissen nur, dass er kein Englisch spricht und hoffentlich an der Haltestelle steht, wenn wir ankommen.

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Weite Ebenen dominieren während unserer Fahrt zur Wüste

Wir sind etwas zu früh dran. Irgendwann kommt ein Herr mit bestimmten Schritt auf uns zu und begrüßt uns. Das wird er schon sein, also gehen wir mit. Er fährt uns zuerst zum Supermarkt, damit wir uns noch ein paar Vorräte und Geschenke für die Gastfamilien kaufen können (Zigaretten und Süßigkeiten). Dann fährt er uns zu einem Haus, wo wir aussteigen sollen – er ist gar nicht unser Fahrer! Der eigentliche Fahrer repariert noch den Jeep. Wir sitzen solange in seiner Küche und trinken Milchtee. Diesmal aber ohne Salz, was ihn viel erträglicher macht. Endlich geht es los, wir fahren raus aus der Stadt und wieder stundenlang querfeldein. Leider verfahren wir uns. Es ist längst dunkel und der Mond ist hinter Wolken verschwunden. Wir wissen nicht, welche Unterkunft der Fahrer für heute Nacht ansteuern wollte, die Verständigung klappt kaum und unser GPS kann auch nicht helfen. Es ist bald Mitternacht und das Einzige, was wir in der weiten Ebene finden, ist ein leeres Touristenlager. Die anwesenden Betreiber erkennen unsere Misere und schlagen immer absurdere Fantasiepreise vor. Nachdem wir uns auf einen vertretbaren Preis einigen können, beziehen wir eine Jurte, der Fahrer schläft im Auto.

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Die Belohnung für einen mühsamen Aufstieg

Am nächsten Morgen geht es zeitig weiter. Wir fahren durch die Halbwüste und schauen uns die riesigen Formationen der Flammenden Klippen an. Bekannt geworden ist diese Gegend durch die hier entdeckten Dinosauriernester. Mittags kommen wir in der eigentlichen Wüste an. Khongoryn Els ist ein bis zu sechs Kilometer breiter Sandstreifen, der an manchen Stellen bis zu 300 Meter hohe Dünen aufweist. Wir klettern natürlich hoch, was immer beschwerlicher wird, da man sehr tief einsinkt und der Sand abrutscht. Unweigerlich lösen wir mehrere kleine Sandlawinen aus. Wenn man das laute, durch den Wind verursachte Brummen hört und die Vibrationen unter den Füßen spürt, kann einem schon mulmig werden. Nach einer kleinen Ewigkeit entschädigt die Aussicht auf dem Dünenkamm aber alle Anstrengung. Runter geht es entsprechend fix. Mit einem Schritt rutscht man meterweit ab.

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Stutenmelken - ein ungewohnter Anblick für einen Städter

In der Nähe wohnt unsere Gastfamilie für diese Nacht und dieses Mal erleben wir das Nomadenleben hautnah. Ein etwas ungepflegter älterer Herr lädt uns in seine schmuddelige Hütte ein. Es gibt erstmal wieder Milchtee und dann Airag, so etwas wie das mongolische Bier. Hierfür wird Stutenmilch in ein Fass oder Lederbeutel getan, stehen gelassen und gelegentlich umgerührt bis sie gegoren ist. Wir nippen kurz und reichen das Glas unserem Fahrer, der lacht und es in zwei Zügen leert. Der Hausherr bietet uns an, auf seinen Kamelen zu reiten, aber Moppi gibt ihm zu verstehen, dass er das Motorrad bevorzugt. Das bekommt er auch und heizt durch die Ebene. Danach geht es zum Pferde melken, wo wir beide aber nur Zuschauer sind.

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Abendliches Zusammentreiben der Kamele mit dem Motorrad

Als wir zurück kommen hat das Motorrad aus irgendeinem Grund hinten einen Platten. Die Stimmung ist nicht mehr ganz so entspannt und wir gehen erstmal spazieren. Abends werden wir aber doch zum Essen in die Hütte eingeladen. Es gibt mongolische Nudeln mit Zwiebeln und fettigen Hammelfleischstücken. Der Katze wird das Futter einfach auf den Teppich geworfen. Wir schlucken die Fleischbrocken mutig runter und essen höflich unseren Teller leer, möchten aber keinen Nachschlag. Später erwischt uns der Fahrer, wie wir in der Jurte Wasser auf dem Ofen kochen, um uns noch ein Fertiggericht zu machen. Es ist ein bisschen peinlich. Am dritten Tag soll es zurück nach Dalandsadgad gehen und wir hoffen, von dort den Nachmittagsbus nach Ulan Bator zu erwischen. Vorher gibt es noch Frühstück bei der Gastfamilie, den obligatorischen Milchtee, süßes Brot, das immer mehr im Mund wird und eine eigenartige, weiße schleimige Masse. Wir vermuten, dass das die obere Schicht der (Ziegen/Pferde/Kamel-) Milch ist, die da abgeschöpft wurde. Auch das ist nicht so unsers und wir sind diesmal lieber etwas unhöflich, als noch mehr davon zu essen.

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Schwer zu sagen, wer das größere Kamel ist

Dann geht es wieder über Stunden über Huckelpisten. Unterwegs halten wir noch in einem Nationalpark, wo wir von einem Schnee- und Hagelsturm überrascht werden und ich froh bin, dass Sissi mir einen knöchellangen Wintermantel geliehen hat. In Dalandsadgad kommen wir rechtzeitig an, kaufen Tickets und der Fahrer lädt uns zum Abschied ins Restaurant ein. Im Bus machen wir noch eine kulinarische Erfahrung. Die Eltern eines kleinen Mädchens, mit dem wir herumgekaspert haben, schenken uns zwei weiße, harte Barren. Man beißt sich daran fast die Zähne aus und es schmeckt ähnlich wie das Pferdemilchbier. Sissi erzählt uns später, dass es getrockneter Joghurt ist. Wir haben alles probiert und gekostet, aber zurück in Ulan Bator freuen wir uns doch auf die vielfältige Auswahl an Restaurants und Gerichten.


Into the Desert

After one day in civilization we are longing for our next trip. Our host Sissi, who is a real gem, organized us a driver in Gobi and some sleeping bags. It was nice to travel with an organized group, but now we are trying to make our way to the hinterland on our own. We take the morning bus to Dalandsadgad and again we enjoy an exotic status on the bus. It is packed with people and they transport all kind of bulky goods. After we board people roll two car tires to the back, there is a flat screen TV coming and many more huge boxes. For ten hours we ride towards South, Mongolian hits are played nonstop. If the driver is not busy smoking or phoning he is singing along. Sometimes we stop for a pee break. The men stand behind the bus and the ladies squat on the fields on the other side of the street. There are even more people getting on the bus, who sit on their luggage in the aisle. What are we doing here? We don’t even know the name of the driver, not even speaking about his phone number. All we know is, he is not speaking English and hopefully waiting for us at the final stop.

We arrive a little early. After waiting for a while a man comes pacing destinated to us. This is probably him we think, so we follow him. First he drives us to a supermarket to buy some supplies and gifts for the host families (sweets and cigarettes). Then he takes us to some house and we shall get out – because he is not our driver! The actual driver is still repairing his jeep, while we sit in his kitchen and drink milk tea. This time the tea is without any salt which makes it more bearable. Finally we leave, drive out of the city and off-road for hours. Unfortunately we get lost. It is already dark and the moon vanished behind the clouds. We do not know which accomodation he planned to bring us tonight, the communication does not work at all and our GPS is not a great help either. It is midnight soon and the only thing we can find is an empty tourist camp. The host get our misery and offer more and more absurd prices. After bargaining a bearable price we move to a ger, the driver sleeps in his car.

The next mornig we leave early. We drive through the semidesert and stop to see the gigantic stone formations and the flaming cliffs. This area became famous after the discoverage of dinosaur nests. At midday we arrive at the real desert. Khonhoryn Els is a sand strip, at some places up to 6 km wide. The dunes are as high as 300 metres. Of course we climb up but it becomes a hassle as you sink in deeply and the sand is drifting down. Inevitably we cause some small avalanches. If you hear the noisy humming by the wind and you feel the vibrations below your feet it feels a bit uncomfortable. After a little eternity the fantastic view from the dune top makes up for all the effort. Going down is quick and easy, with one step you sink down a few metres.

The host family for tonighht is living nearby and this time we experience nomad life at its fullest. An unkempt old man is inviting us into his filthy hut. At first we have milk tea and Airag, something like the Mongolian beer. It is horse milk put into a barrel or leather bag, left there for a while, stirred once in a while until it is fermented. We just take a sip and hand over to our driver who is laughing and emtying the glass in two big gulps. The host offers us to ride his camels, but Moppi tells him he would prefer to ride his motorbike. He is allowed to and soon after he speeds over the plain land. Afterwards we join the horse milking, but we just watch.

After coming back we notice that the motorbike has a flat tire. The vibe is not as good as before anymore and we leave for a walk. Nevertheless we are invited for dinner in their hut later. We have Mongolian noodles with onions and greasy mutton meat pieces. The cat is having its food thrown down on the carpet. We just swallow the meat chunks and polity empty our plates but we refuse another helping. The driver later caughts us in the act while we have been heating up water on the stove in the ger to prepare some instant noodles. This is a bit embarrassing.

On the third day we head back towards Dalandsadgad and we hope to catch the afternoon bus back to Ulan Bator. Before we leave we have breakfast with the host family: the obligatory milk tea, sweet bread, that grows in your mouth while chewing, and a strange white and slimy mass. We suppose it is the top layer of (goat/horse/camel) milk which was skimmed. This is not really our taste and we are rather inpolite and refuse.

Then we drive again off-road for hours. On the way we stop at a national park where we are surprised by a snow and hail storm and I am grateful for Sissi having me lent a long winter coat. We arrive on time in Dalandsadgad, buy the bus tickets and the driver invites us for a goodbye meal in a restaurant. On the bus we make another culinary experience. The parents of a little girl we have been playing around with give us two white and hard bars. You almost break your teeth when biting and it tastes a bit like the horse milk beer. Sissi explains us later that this is dried joghurt. We tried everyting offered to us but back in Ulan Bator we are happy about the big choice of restaurants and meals.

2 Gedanken zu “In die Wüste

  1. Wieder mal ein spannender Bericht. Das Bild (jemand sitzt auf der Düne) ist super gelungen. Noch eine Frage über die Transsib. Wie viel kostete ein Ticket in eurer Preisklasse. Freue mich schon auf den nächsten Bericht.

    Viele Grüße aus Bernburg,
    Bärbel

    • Hallo Bärbel,

      das auf der Düne ist Moppi. Wir haben uns oben eine ganze Menge Zeit gelassen. Die Tickets für unsere ganze Fahrt Moskau – Aralsk – Almaty – Astana – Omsk – Ulan Bator haben pro Nase knapp 500 € gekostet. Dabei sind wir meistens dritte Klasse gefahren. Hätten wir von Omsk nach Ulan Bator auch noch dritte Klasse bekommen, wäre es sicherlich noch etwas günstiger geworden (zweite Klasse Omsk – Ulan Bator hat 160 € pro Nase gekostet).

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